Der Ausschluss befristet Beschäftigter von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die nach dem Inhalt der Versorgungsordnung den Mitarbeitern/innen zusätzlich zu den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung einen Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess bieten sollen, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Entsprechende Ausschlussklauseln sind nach § 4 Abs. 2 TzBfG rechtsunwirksam.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urt. v. 05.09.2019 - 4 Sa 5/19 B
(nicht rechtskräftig; Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 3 AZR 433/19)
Hinweis: Das Urteil steht im Widerspruch zu der bisherigen Rechtsprechung des BAG, das zuletzt mit Urteil vom 15.1.2013 – 3 AZR 4/11 den Ausschluss befristet Beschäftigter für sachlich gerechtfertigt erachtet hat. Angesichts der zum 1.1.2018 verkürzten Unverfallbarkeitsfrist (mindestens 3 Jahre Zusagedauer) und der Möglichkeit, Befristungen über einen über die aktuelle Unverfallbarkeitsfrist hinausgehenden Zeitraum zu vereinbaren, kann es nicht ausgeschlossen werden, dass das BAG seine bisherige Rechtsprechung noch einmal überdenkt. Gleichwohl bleibt die Revisionsentscheidung abzuwarten und ein vorschnelles Handeln vermieden werden.
Unzulässige Mindesteheklausel von zehn Jahren in betrieblicher Hinterbliebenenversorgung
Schränkt der Arbeitgeber in einer Versorgungsordnung, die dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt, eine Hinterbliebenenversorgung durch eine zehnjährige Mindestehedauerklausel ein, so stellt das eine unangemessene Benachteiligung des unmittelbar versorgungsberechtigten Arbeitnehmers i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB dar.
BAG Urt. v. 19.02.2019 - 3 AZR 150/18 - Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 22/2019 Anm. 4
Hinweis: Soweit eine Mindestehedauerklausel in einer Versorgungsordnung/-zusage vereinbart werden soll, ist dies nach den insoweit eindeutigen Aussagen des BAG nur dann rechtlich zulässig, wenn es sich – in Analogie zur gesetzlichen Rentenversicherung - um eine Mindestehedauer von einem Jahr handelt. Zudem sollte man, analog zur gesetzlichen Rentenversicherung, die Möglichkeit vorsehen, das Vorliegen einer Versorgungsehe zu widerlegen (vgl. insoweit auch Rolfs in: Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 7. Aufl. Anh. § 1 Rn. 201; Borchard in: Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung, Stand: Juni 2018 Teil 9 C Rn. 67). Das Interesse des Arbeitgebers, den Kreis der Versorgungsberechtigten zu begrenzen und insbesondere Versorgungsehen von einer Hinterbliebenenversorgung auszunehmen, ist damit hinreichend berücksichtigt.
Betriebswirtschaftliche Anforderungen an die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG – wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers
Die angemessene Eigenkapitalverzinsung des Versorgungsschuldners bestimmt sich nach einem Basiszins und einem Risikozuschlag. Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht der Basiszins der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt 2%. Mit dieser Rechtsprechung hat der Ruhegeldsenat des BAG den unbestimmten Rechtsbegriff „wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers“ in § 16 Abs. 1 BetrAVG konkretisiert. Gründe der Rechtssicherheit stehen dagegen, diese in langjähriger Rechtsprechung des Senats erfolgte Konkretisierung zu ändern. Überwiegende Gründe, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, bestehen nicht.
BAG Urt. v. 22.01.2019 - 3 AZR 616/17 - Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 25/2019 Anm. 5
Hinweis: Die Praxis dürfte sich weitestgehend auf die Anforderungen an die Darlegung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers eingestellt haben. Wer bislang noch Hoffnung auf eventuelle Modifizierungen hatte, wird diese nun wohl endgültig begraben und die langjährig vom BAG angewandte Bewertungsregelung als „in Stein gemeißelt“ hinnehmen und anwenden müssen.
Überprüfung der Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung anhand der Besitzstands-rechtsprechung des BAG (sog. 3-Stufen-Theorie)
Der Ruhegeldsenat des BAG hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach ablösende Betriebsvereinbarungen, die in die Höhe von Versorgungsanwartschaften eingreifen, anhand eines dreistufigen Prüfungsschemas zu beurteilen sind, das hinsichtlich der Eingriffsgründe danach unterscheidet, ob in den erdienten Besitzstand, eine erdiente Dynamik oder in künftige Zuwächse eingegriffen wird.
BAG Urt. v. 19.03.2019 – 3 AZR 201/17 – juris Datenbank
Hinweis: In dieser außerordentlich umfangreichen und grundlegenden Entscheidung zum Kontrollmaßstab bei Änderungen von Versorgungszusagen, die im Wege der Betriebsvereinbarung begründet worden sind, bestätigt das BAG alle wesentlichen Aussagen zur sog. 3-Stufen-Theorie bei der Kontrolle von abändernden Versorgungszusagen.
Versuche der Literatur, die Kontrollmaßstäbe aufzuweichen (vgl. etwa Diller, BetrAVG 2019, S. 581 f.), hat das BAG eine deutliche Absage erteilt.
Änderungen von Versorgungszusagen durch abändernde Betriebsvereinbarungen sind daher auch künftig weiterhin an den Kriterien der 3-Stufen-Theorie des BAG gemessen werden. Die detaillierten Hinweise, die das BAG in diesem Urteil zur Berechnung der Besitzstände gemacht hat, sollten dabei zwingend beachtet werden.
Besitzstandswahrung und Betriebsübergang
Wird eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung durch Betriebsvereinbarung geändert, sind Versorgungsberechtigte vor (verschlechternden) Eingriffen geschützt. Die Betriebsparteien sind bei Eingriffen in Versorgungsrechte insbesondere an die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebunden. Nach einem bislang noch nicht veröffentlichten Urteil des BAG gilt dies auch für die Situation des Versorgungsberechtigten nach einem Betriebsübergang gem. § 613a BGB, wenn eine Versorgungsordnung infolge eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine beim Erwerber bereits geltende - qualitativ schlechtere - Betriebsvereinbarung abgelöst wird und für diese Ablösung keine sie rechtfertigende Gründe im Sinne der Besitzstandsrechtsprechung des BAG (Sog. 3-Stufen-Theorie) festzustellen sind.
BAG Urt. v. 22.10.2019 - 3 AZR 429/18 – Pressemitteilung des BAG Nr. 34/19