Das Coronavirus beschäftigt und nicht nur im gesundheitlichen Bereich, sondern erfasst nach und nach das allgemeine Wirtschaftsleben. Der Aktienmarkt verzeichnet den größten Einbruch seit der Bankenkrise vor 10 Jahren, Lieferengpässe drohen vor allem bei Waren- und Ersatzteillieferungen aus Asien und eine Rezession ist sogar wahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich aktuell bereits viele Unternehmen mit dem Thema „Kurzarbeit“. Die Bundesregierung hat eine Vereinfachung des Zugangs zu Kurzarbeitergeld beschlossen. So naheliegend dieses Thema personalpolitisch als Reaktion auf reduzierte Produktionsprozesse ist, so darf man Kurzarbeit nicht nur auf das Thema Arbeitszeit reduzieren, da die Konsequenzen vielfältiger Natur sind. So kann sich Kurzarbeit u. a. auch auf eine betriebliche Altersversorgung (bAV) und Zeitwertkonten (ZWK) auswirken.
Betriebliche Altersversorgung:
Dabei ist zunächst einmal zwischen arbeitgeberfinanzierten Versorgungssystemen und solchen, die über eine Entgeltumwandlung vom Mitarbeiter selbst finanziert werden zu differenzieren:
Eine arbeitgeberfinanzierte bAV ist durch das Kurzarbeitergeld in aller Regel nur dann betroffen, wenn sie gehaltsabhängig ausgestaltet ist: Reduziert sich das Gehalt, sinkt bei einer beitragsorientierten Zusage der Versorgungsbeitrag des Arbeitgebers und damit auch die später daraus zu erbringender Versorgungsleistung. Bei einer unmittelbar gehaltsbezogenen Versorgungsleistung (z. B. x % des letzten Gehalts) kann Kurzarbeit ebenfalls unmittelbar über die Reduktion des Gehalts Auswirkungen auf die Höhe der geschuldeten Versorgungsleistung haben. Entscheidend sind in jedem Fall die jeweiligen kollektiven bzw. individuellen Versorgungszusagen, die es ggf. auszulegen gilt. Unter Umständen wird man im Rahmen der Auslegung dazu kommen können bzw. müssen, dass bei einem endgehaltsabhängigen Versorgungsplan auf das letzte Gehalt vor Kurzarbeit abzustellen ist.
Auf eine vereinbarte Entgeltumwandlung hat Kurzarbeit > Null zunächst einmal kein Einfluss: Diese kann unverändert fortgeführt werden, solange ein Entgelt in entsprechender Höhe mindestens gezahlt wird. Zu beachten ist insoweit, dass das vom Arbeitsamt gezahlte Kurzarbeitergeld nicht als Arbeitsentgelt gilt, sondern es sich dabei um eine Lohnersatzleistung handelt. Von daher kann die Entgeltumwandlung nur aus dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt bedient werden. Reicht diese nicht aus, um die Entgeltumwandlung zu finanzieren, können Arbeitnehmer zumindest in den versicherungsförmigen Durchführungswegen diese mit privaten Beiträgen fortführen.
Im Falle von Kurzarbeit „Null“ erhält der Mitarbeiter kein umwandlungsfähiges Entgelt mehr. Hier wird die Entgeltumwandlung „unmöglich“, und zwar sowohl im tatsächlichen, wie auch im rechtlichen Sinne. Für derartige Fälle sieht die Entgeltumwandlungsvereinbarung grundsätzlich die temporäre (für den Zeitraum entgeltfreien Dienstzeiten) Einstellung der Entgeltumwandlung mit der Möglichkeit vor, zumindest in den versicherungsförmigen Durchführungswegen den Versorgungsvertrag mit Eigenbeiträgen fortzusetzen. Erfolgt keine Fortsetzung mit eigenen Beiträgen, wird der Vertrag beitragsfrei gestellt, mit den sich daraus ggf. ergebenden versicherungsvertraglichen Konsequenzen (reduzierter Versicherungsschutz, Wegfall der Risikoabsicherung).
Letztendlich hat Kurzarbeit bei Entgeltumwandlung immer einen Einfluss auf das verfügbare Nettoeinkommen, da neben dem durch die Entgeltumwandlung reduzierten Arbeitsentgelt auch die staatlichen Lohnersatzleistungen betroffen sind. So richtet sich die Höhe des Kurzarbeitergeldes nach dem tatsächlich bezogenen Nettoentgelt. Dieses fällt durch die Entgeltumwandlung niedriger aus, als ohne, so dass die Entgeltumwandlung unmittelbar Auswirkungen auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes hat. Sollte dies den Mitarbeiter dazu veranlassen, im Rahmen einer versicherungsförmigen Ausgestaltung der bAV über eine Beitragsfreistellung nachzudenken, so ist er zwingend über die sich daraus ergebenden versicherungsvertraglichen Konsequenzen (abgesenkter Risiko- und Versicherungsschutz; eventuelle erneute Gesundheitsprüfung bei Wiederaufnahme der Beitragszahlung etc.) zu informieren.
Gerade im Zusammenhang mit der aktuell diskutierten Corona-Situation findet man in der öffentlichen Diskussion eine weitere Handlungsoption, die Beitragsstundung für bis zu 6 Monaten. Eine solche Beitragsstundung kann zur Überbrückung eines temporären Liquiditätsengpasses durchaus sinnvoll sein. Es ist allerdings zu beachten, dass die Beitragsstundung dann bei einer Direktversicherung kontraproduktiv sein kann, wenn die Kurzarbeit in eine unmittelbar anschließende Arbeitslosigkeit übergeht. In diesem Fall kann der gestundete Beitrag ggf. nicht mehr nachentrichtet werden, mit der Konsequenz, dass ein sog. „beitragsgeschädigter“ Vertag vorliegt, bei dem die versicherungsvertragliche Lösung nach § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BetrAVG nicht zulässig ist. Der Arbeitgeber könnte dann seine Haftung nicht auf die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag beschränken; ihn würde dann vielmehr die sog. zeitratierliche Haftung für die zugesagte Versorgungsleistung treffen. Ferner ist der administrative Aufwand zu beachten. Auch sollte klar sein, dass eine Stundung bedingt, später einen höheren Betrag zu entrichten. Hier sind die Beschränkungen des § 3 Nr. 63 EstG zu beachten, insbesondere wenn es Richtung Jahreswechsel geht. Wir raten daher von Beitragsstundungen eher ab.
Entgeltumwandlung aus Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld
Ferner wird in der Praxis die Frage (kontrovers) diskutiert, ob ein Zuschuss, den der Arbeitgeber zum Kurzarbeitergeld zahlt (Aufstockungsbetrag) Grundlage für die Entgeltumwandlung sein kann.
Nach einer Auffassung soll die Tatsache, dass der Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld in den Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV fällt und damit kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt darstellt zugleich folgen, dass es sich insoweit nicht um umwandlungsfähiges Entgelt handeln soll.
Unabhängig von der Frage, ob eine solche Umwandlung aus dem Arbeitgeberzuschuss überhaupt sinnvoll ist, gehen die Unterzeichner davon aus, dass dieser Zuschuss grundsätzlich umwandlungsfähig ist. Für § 1a BetrAVG ist auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff abzustellen; die sozialversicherungsrechtliche Behandlung ist insoweit irrelevant, zumal auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht es sich dem Grunde nach gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV um Arbeitsentgelt handelt. Dieses wird nur aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SvEV in bestimmtem Umfang („soweit“) nicht dem sozialversicherungsrechtlichen Arbeitsentgelt zugerechnet. Von daher kann jedes vom Arbeitgeber gewährte Entgelt und damit auch der Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld umgewandelt werden.
Zeitwertkonten:
Zeitwertkonten sind gesetzlich vor Zwangsabbau geschützt, somit muss kein Arbeitnehmer sich Sorgen machen.
Kurzarbeit bietet auch Zeit für die Weiterbildung.
Wird Kurzarbeit in Ihrem Unternehmen erwägt oder gar eingeführt, so ist es wichtig die Betroffenen qualifiziert zu informieren. Das schafft Vertrauen und bindet. In Zeiten Fachkräftemangel ist langfristig für den Unternehmenserfolg wichtig auch in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse gute Fachkräfte nicht an die Mitbewerber zu verlieren. In diesen Zeiten kann die „freie“ Zeit bspw. gezielt genutzt werden, um Mitarbeitern Qualifizierungsangebote zu unterbreiten.
Gerne stehen wir Ihnen mit unserem Team bei der Erarbeitung von Lösungen sowie Kommunikationsstrategien zur Seite.
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Dr. Uwe Langohr-Plato
Michael Ries